Eine Studie in Scharlachrot

Hörtheatrale feiert Premiere mit dem Sherlock-Holmes-Stück „Eine Studie in Scharlachrot“
Spannend, witzig und ein bisschen gruselig: Die Hörtheatrale begeisterte das Publikum mit ihrem neuen Stück
Marburg. Dicht an dicht sitzen die Zuschauer am Sonntagabend in der ausverkauften Premiere im Lomonossowkeller. Zunächst ist nur eine beleuchtete Ecke des alten Kellergewölbes zu sehen, aber man ist so gleich im London des 19. Jahrhunderts: Der Glockenschlag von Big Ben, das Gemurmel vieler Stimmen und das Hufgetrappel der Kutschpferde schaffen Atmosphäre und die passenden Bilder im Kopf. Dann erscheinen Stefan Gille als Sherlock Holmes und Daniel Sempf als Dr. Watson auf der Bühne. Gille spielt den legendären Meisterdetektiv als schrägen Eigenbrötler mit seltsamen Marotten, Daniel Sempf gibt den cleveren, aber eher sachlichen Dr. Watson.
Der junge Watson kommt als verletzter Militärarzt nach London, wo er auf den eigenwilligen Sherlock Holmes trifft. Da das Geld knapp ist, beschließt er, mit ihm in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. Immer wieder muss er sich über die Einfälle seines versponnenen Mitbewohners wundern, der als externer Mitarbeiter für Scotland Yard arbeitet. Und immer mehr bewundert er ihn für seine außerordentliche Denkfähigkeit und seine ungewöhnlichen Methoden .
Bald begleitet Watson den genialen Ermittler zu seinem nächsten Fall, einen gruseligen Mord in einer düsteren Villa. Der Fall gibt Rätsel auf, denn das Mordopfer trägt keine sichtbaren Wunden am Körper. Dafür steht an der Wand mit Blut geschrieben: „Rache“.
Watson erlebt hautnah mit, wie der skurrile Detektiv arbeitet , wie er messerscharf kombiniert und sich über die schwerfälligen Kollegen von Scotland Yard lustig macht. Nur wenige Indizien reichen ihm aus, um die richtigen Schlüsse zu ziehen: Ein restchen Tabak, ein verlorener Ring, ein Schriftzug an der Wand. Auch wenn es unübersichtlich wird, Holmes behält immer den Durchblick. Und natürlich gelingt es ihm am Schluss, dem Mörder auf die Spur zu kommen und ihn zu überführen.
Rollenwechsel braucht nur Mütze
„Eine Studie in Scharlachrot“ lebt zu allererst vom professionellen Spiel der beiden Schauspieler, die vor allem auf die Wirkung ihrer Stimmen vertrauen. Daniel Sempf spielt gleich mehrere Nebenrollen mit, wobei er sich nur die passenden Mützen auf den Kopf setzt und die unterschiedlichen Stimmen imitiert. Hinzu kommen die vielen tollen Sound-Effekte , die Futter für die Phantasie der Zuhörer liefern. Wenn Holmes und Watson das alte Gruselhaus betreten, dann knarrt die Tür bedrohlich, hallt jeder Schritt in der Leere des Raumes, heult der Wind durch die undichten Fenster. Schließlich rollt die Kutsche heran, die Handschellen klicken und der Täter wandert ins Gefängnis. Die Musik zur Aufführung stammt von Isabel Streibig.
Das Publikum war begeistert von der spannenden und lebendigen Aufführung und bedankte sich mit stürmischem Beifall bei allen Beteiligten. Das Live-Hörspiel in der Inszenierung von Daniel Sempf und Michael Köckritz bezieht sich auf die Romanvorlage von Arthur Conan Doyle. „Eine Studie in Scharlachrot“ war der erste Fall, in dem der Autor 1887 seinen Meisterdetektiv auftreten ließ.
von Bettina Preussner / Oberhessische Presse 05. März 2019