Hörtheatrale

Der Sandmann

von E. T. A. Hoffmann

25

Juni
Die Hörtheatrale präsentiert: E. T. A. Hoffmanns düstere Schauermär »Der Sandmann« als szenisches Hörspiel. Die 1816 erschienene, psychologisch fein gezeichnete Erzählung, beginnt mit einem frühkindlichen Trauma: Nathanaels Vater verunglückt tödlich, während eines heimlichen alchemistischen Experimentes mit menschenähnlichen Automaten. Der Junge glaubt, das tragische Ereignis steht mit dem Sandmann in Verbindung, der, wie erzählt wird, den Kindern, die nicht schlafen wollen, Sand in die Augen streut, bis sie ihnen blutig zum Kopf herausspringen. Eine grausige Gutenachtgeschichte, die Nathanael sogar als Student bis nach Italien verfolgen wird, als Coppola auf einmal in seiner Wohnung erscheint und Augengläser verkaufen will. Ist vielleicht dieser Coppola der Sandmann? Lebendige Puppen und magisches Feuer lassen die Grenze zwischen Realität und Wahn verschwimm.
 

Über die Inszenierung

In einer dramatisierten Live-Hörspielfassung erzählen drei Schauspieler die Geschichte, mit eigens produzierter Musik, vorproduzierten Sounds und Live-Geräuschen. In einem speziellen Lichtkonzept kommt das Wechselspiel von Hell und Dunkel, das Mystische der „Nachstücke“, spärlich beleuchtet, in dieser Inszenierung zum Ausdruck.

Mit ihren Stimmen und Soundeffekten erschaffen Daniel Sempf, Franziska Knetsch und Michael Köckritz zu E. T. A. Hoffmanns „Der Sandmann" eine mitreißende Atmosphäre

Sascha Valentin / Hinterländer Anzeiger vom 23.12.2022

Der Sandmann - Der Dichter Heinrich Heine charakterisierte einst Hoff­manns Werk als einen „entsetzliche(n) Angstschrei in zwanzig Bänden". Die Inszenierung lebt im Geis­te dieses Dichterwortes, doch sie ist auch mehr als das und erkennt das kritische Potenzial der Erzählung

Vladimir F. Ewert   / Oberhessische Presse 

Der Sandmann Trailer

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Was die Presse sagt 

Hinterländer Anzeiger vom 23.12.2022 + -

Theater allein für die Ohren

Die „Hörtheatrale“ spielt für Gladenbacher Europaschüler ein Stück nach E.T.A Hoffmanns Schauerroma „Der Sandmann“

GLADENBACH

Mit einem Theater für die Ohren und Kino für den Kopf sind die Oberstufenschüler der Q1 und Q3 an der Gladenbacher Europaschule in die Weihnachtsferien gestartet. Die „Hörtheatrale“ Marburg hatte ihnen E.T.A. Hoffmanns Schauerroman „Der Sandmann“ als Live-Hörspiel mitgebracht und bewies, wie mitreißend nichtvisuelles Theater sein kann.

Schon beim Eintritt in die Sport-und Kulturhalle wurden die Schüler mit der ungewohnten Inszenierung konfrontiert. Denn Sprecherin Franziska Knetsch saß bereits auf einem Hocker inmitten der durch einige Standlichter markierten Bühne, las dort laut aus Kants Vernunftkritik und ließ sich von den hereinströmenden Jugendlichen nicht stören.

Im „Sandmann“ spielt Vernunft und Rationalität eine Hauptrolle. Im Kern geht es μm die Frage, wie weit sich Menschen durch Ängste und die daraus entstehenden Gedankenfolgen in ihrer Vernunft beeinflussen lassen. Zentrale Figur ist dabei Nathanael, dessen Gedanken durch die kindliche Gruselgeschichte des Sandmanns so sehr angefeuert werden, dass er schließlich dem Wahnsinn verfällt.

Franziska Knetsch, Michael Köckritz und Daniel Sempf setzten diese Vorlage kongenial in der Hörinszenierung (Regie: Daniel Sempf) um, indem sie Bilder in die Köpfe ihrer Zuhörer pflanzten – nur mithilfe ihrer Stimmen, mit Tönen und Geräuschen. Mit Effekten wie Hall und Stimmverzerrungen unterstrichen sie dabei die Handlung der Geschichte und lenkten ihre Zuhörer geschickt in die der Erzählung eigenen atmosphärische Richtung.

Den Geist in bestimmt Bahnen lenken

Nur ab und an, wenn etwa prasselnde Regentropfen über die Lautsprecher zu vernehmen waren, verstärkten die Sprecher diesen Eindruck, in dem sie unter einem Friesennerz Schutz suchten. Damit vermittelten die drei Darsteller ihrem jungen Publikum genau das, was auch Gegenstand der inszenierten Erzählung ist: dass der Geist beeinflusst und in bestimmte Bahnen gelenkt werden kann. Genauso; wie sie es mit dem Stück taten.

Hinterländer Anzeiger vom 23.12.2022, von Sascha Valentin

Oberhessische Presse, März 2019 + -

Gruselstunde kombiniert mit Ideen der Aufklärung

Marburger Hörtheatrale feierte Premiere mit „Der Sandmann“

Die Marburger Hörthea­trale bringt einen Schau­erroman von E.T.A. Hoff­ mann auf die Bühne: ,,Der Sandmann“. Die lnszenie­rung wird begleitet von beeindruckenden Soundeffekten.

Marburg.  Schaurig und düs­ter wirkt der Lomonossowkeller beim  Betreten. Die Zuschauer werden mit einer beunruhigenden Geräuschkulisse empfangen. Neben Blätterrauschen hört man eine eindringliche Stimme, die aus Immanuel Kants Schrift

„Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ vorliest. 

Bereits jetzt wird deutlich: Bei dieser Gruselstunde mit E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“ geht es auch umgroße Ideen.

Die Hörtheatrale Marburg hat diese Erzählung unter der Regie von Daniel Sempf neu er­arbeitet. Neben Sempf wirken Franziska Knetsch und Micha­el Köckritz als Schauspieler mit. Sie alle sind Profis, spielen und haben lang am Hessischen Lan­destheater gespielt. Am Freitag war im nahezu ausverkauften Lomonossowkeller Premiere.

Die Erzählung, 1816 erschie­nen, handelt von Nathanael, ei­nem jungen Studenten, der in einem Wetterglashändler einen alten Kollegen seines Vaters na­mens Coppola wieder zuerken­nen glaubt. Früher habe dieser mit seinem Vater zusammen alchemisti­sche Experimente durchgeführt, bei denen der Vater umgekom­men sei, erfahren die Besucher. Nathanael, der heimlich den Experimenten beiwohnte, er­lebte dabei ein Kindheitstrauma und hält Coppola für den Sand­mann, ein Fabelwesen, das Kin­dern ihre Augen raubt, wenn sie nicht zeitig ins Bett gehen.

Oft ist in der Erzählung unklar, was real ist, und was sich bloß in Nathanaels Kopf ereignet. Die­se Unsicherheit macht sich die Inszenierung zu eigen, um die Zuschauer auf eine Traumreise zu schicken.

Heine über Hoffmann: ein Angstschrei in 20 Bänden

Die Soundeffekte wirken über­wältigend, ganz und gar im Sin­ne des Wortes. Selbst für dieje­nigen, die den Stoff kennen, er­scheint der Verlauf plötzlich un­berechenbar. Mal dröhnt es un­beherrscht laut aus den Boxen und wirre Lichter kündigen et­was Unheilvolles an. Mal ist es seelenruhig und stockfinster und man hört den Sitznachbarn an den Nägeln kauen.

Der Dichter Heinrich Heine charakterisierte einst Hoff­manns Werk als einen „entsetzliche(n) Angstschrei in zwanzig Bänden“.

Die Inszenierung lebt im Geis­te dieses Dichterwortes, doch sie ist auch mehr als das und erkennt das kritische Potenzial der Erzählung.

Hoffmann, der im militärisch und bürokratisch dominier­ten und von der Zensur gepräg­ten Preußen lebte, konfrontierte seine Leser mit einer Figur, die ihren Mitmenschen ausgeliefert ist. Denn kein Einziger findet sich, der sich Nathanaels Sor­gen annehmen würde. Alle ver­nünfteln über ihn hinweg, ertei­len ihm Denkverbote und neh­men seine Leiden nicht ernst. Schließlich führt dies zur Eskalation.

Es schließt sich die Frage an, ob die vom Sandmann auf­ geworfenen Probleme etwas mit unserer Gegenwart zu tun haben. Es gibt durchaus auch heute irrationale Eruptionen in unserer Gesellschaft, sei es die Leugnung des Klimawandels oder das Erstarken der Frem­denfeindlichkeit in Europa und weltweit. Wird sich nicht auch hierin eines Vernunftgebrauchs bedient, der sich darin er­schöpft, den Gegner argumentativ niederzuknüppeln so wie es Nathanael letztlich in „Der Sandmann“ ergeht?

von Vladimir F. Ewert